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Brief an alle Landtagsabgeordneten

26.04.2017

Der Brief im Wortlaut:


Sehr geehrter Herr Landtagsabgeordneter,


wir wenden uns heute an Sie, da wir die Entwicklung der naturwissenschaftlichen Fächer im Gymnasium in Bayern mit größter Sorge beobachten. Die Debatte der letzten Monate wurde leider nur von der Frage eines acht- oder neunjährigen Gymnasiums bestimmt, die wichtigste Schwachstelle des bayerischen Gymnasiums bleibt jedoch nach wie vor unberücksichtigt.


Die naturwissenschaftliche Ausbildung hat durch die Einführung eines de fakto sprachlich-orientierten Abiturs dramatisch an Bedeutung verloren. Dies manifestiert sich u.a. im deutlichen Rückgang bei der Anzahl der abgelegten Abiturprüfungen in den Naturwissenschaften zwischen 35% (gesamt) bis 92% (schriftlich) in den vergangenen fünf Jahren!!! Wir können die fehlende Bereitschaft der bayerischen Staatsregierung, sich endlich dieses zukunftsweisenden Themas anzunehmen, nur noch mit ungläubigem Kopfschütteln zur Kenntnis nehmen. Bayern, das wie ganz Deutschland als einzige nennenswerte Ressource über die Bildung seiner Bevölkerung verfügt, befindet sich derzeit im Gymnasium auf einem derart rückwärtsgewandten Weg, dass man sich langsam die Frage stellt, wer in Zukunft eigentlich die Grundlage für den gewünschten Wohlstand der Bevölkerung legen soll. Wollen wir wirklich eine Heerschar von Event-Managern und „Irgendwas-mit-Medien“-Abiturienten heranziehen, die einer gesellschaftsfördernden naturwissenschaftlichen Grundbildung geschickt aus dem Weg gehen konnten? Wann kommt endlich auch die CSU im 21. Jahrhundert an und erkennt, dass sich derart drängende Probleme unserer Zeit wie Energiewende, Klimawandel, Mobilität nur durch naturwissenschaftliche Lösungen und zukunftsweisende Technologien lösen lassen? Diese Probleme lassen sich nicht durch noch so dialektisch ausgefeilte geistes- oder sprachwissenschaftliche Diskurse beseitigen, sondern ausschließlich durch intelligente, innovative technische Alternativen. Und die setzen eine fundierte, zeitgemäße Ausbildung voraus, die den gestiegenen Anforderungen unserer Zeit gerecht wird.


Auch angesichts der steigenden sprachlichen Heterogenität der Bevölkerung ist es absolut unverständlich, warum das Gymnasium, das den Namen „Naturwissenschaftlich-technologisches Gymnasium“ beim Abitur nur noch als leere Hülle trägt, nicht mehr Wert darauf legt, dass Jugendlichen wieder die Möglichkeit eröffnet wird, ihre naturwissenschaftlichen Stärken (die weitgehend sprachunabhängig sind) insbesondere in der Oberstufe des Gymnasiums einzubringen. Begabungsgerechte Förderung sieht anders aus.


Wir haben in der Vergangenheit schon mehrfach auf die Missstände hingewiesen und Lösungswege aufgezeigt. Leider sind diese Vorschläge bislang von der bayerischen Staatsregierung vollständig ignoriert worden. Bis sich diese Misere im bayerischen Gymnasium als wirtschaftliche Schwäche durch unzureichend qualifizierte Arbeitnehmer auswirkt, vergehen Jahre oder sogar Jahrzehnte. Dies gilt leider auch anders herum. Daher ist es allerhöchste Zeit, endlich unsere Verbesserungsvorschläge aufzugreifen und umzusetzen. Wir haben diesem Schreiben eine Abbildung mit der Entwicklung der Abiturientenzahlen in den Naturwissenschaften und unseren Forderungskatalog beigefügt.


Es stimmt uns zuversichtlich, wenn wir vom Bayerischen Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst erfahren dürfen, dass das „neue bayerische Gymnasium“ der „gestiegene[n] Bedeutung der Naturwissenschaften und ... MINT“ künftig Rechnung tragen wird. Aufgrund unserer langjährigen Erfahrung wird dies bereits heute gelingen, wie unserem beiliegenden, kostenneutral umsetzbaren und KMK-konformen Antrag auf Einführung einer profilspezifischen Oberstufe zu entnehmen ist. Wir sind zuversichtlich, dass Sie uns helfen werden, dem bayerischen Gymnasium wieder den ihm zustehenden Stellenwert einzuräumen und unseren Abiturientinnen und Abiturienten den Weg in technische Berufe zu ebnen. Für ein Gespräch und weitere Informationen stehen wir selbstverständlich gerne zur Verfügung!


Mit freundlichen Grüßen


Birger Pistohl, 1. Vorsitzender VCBC

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